Europameisterschaft und Ende der Olympiaqualifikation

Liebe Freunde und Unterstützer, nach einer intensiven Zeit sind wir nun wieder Zuhause angekommen. Letzte Woche fand das letzte Event unser dreiteiligen Olympiaqualifikation in Cannes (Südfrankreich) statt. Hier ein kurzer Überblick über das sehr emotionale und ereignisreiche Event, und was das Ergebnis für uns bedeutet. Aber fangen wir am Anfang an. Nachdem wir uns eine Woche lang von der Trofeo Princesa Sofia erholt haben, reisten wir nach Cannes, um zusätzlich zum regulären EM-Vortraining noch einen weiteren Trainingsblock im für uns neuen Revier durchzuführen. In diesem Vortraining hatten wir durchgehend super Segelbedingungen mit Wind und Welle aus unterschiedlichen Richtungen und in verschiedenen Stärken. Allerdings zeigte sich schon sehr früh, dass die Vorhersagegenauigkeit in diesem Revier nicht sehr hoch ist und man sehr flexibel mit den Segelzeiten sein muss. Nach einer weiteren kurzen Pause reisten wir dann eine Woche vor der EM in Cannes an. In dieser Woche haben wir unsere Revierkenntnisse nochmals vertieft und versucht, uns und unser Boot bestmöglich für das Event vorzubereiten. Die EM hatte für die Segler des German Sailing Team eine besondere Bedeutung: Es war die letzte der drei internen Qualifikationsregatten um den bei der WM 2023 ersegelten Deutschen Nationenplatz bei den Olypischen Spielen 2024. Trotz enger Punkte im Rennen um die Olympiaqualifikation war die Stimmung im deutschen Team gut. Ein Ausflug der ganzen Truppe (gesamt 7 deutsche Teams und die beiden Trainer) mit gemeinsamen Abendessen zeigte den Zusammenhalt innerhalb des Teams und stellte einen schönen Abschluss von fast drei Jahren gemeinsamer Vorbereitung dar. Am Dienstag den 07.05 starteten wir dann aufgrund eines instabilen Windsystems mit wenig Wind in die Regatta. Trotzdem konnten an diesem Tag drei Wettfahrten gesegelt werden, jedoch herrschte bei jeder Wettfahrt eine neue Windrichtung. Dies verlangte sowohl der Wettfahrtleitung als auch uns ein hohes Anpassungsvermögen ab. Wir kamen gut mit den wechselnden Bedingungen zurecht und schlossen diesen Tag mit ordentlichen Rennen ab. Tag Nummer 2 brachte uns wieder instabile Windbedingungen und führte bei einigen Teams zu hohen Punkten. So traf es leider das deutsche Team Wanser/Autenrieth, das am Ende des Tages um nur 2 Punkte die Goldfleet verpasste und somit aus dem Rennen um die Olympiaqualifikation ausgeschieden war. Aufgrund einer soliden Qualifying Series erreichten wir das Goldfleet und hatten so die erste wichtige Hürde der Regatta gemeistert. Tag Nummer 3 war geprägt von sehr schwachen Winden und leider wurde das einzige gestartete Rennen sehr spät noch abgebrochen, da der Wind komplett eingeschlafen ist. Schade für uns, da wir in diesem Rennen auf Platz 3 lagen. Auch für die nächsten beiden Tage sah die Windvorhersage nicht besser aus, jedoch musste mindestens ein Goldfleet Rennen beendet werden, um am letzten Tag ein Medal Race segeln zu können. Deswegen ist die Flotte auch an Tag Nummer 4 früh ausgelaufen und es konnten zwei Rennen gesegelt werden. Dieser Tag war offen gesagt extrem schwierig für uns. Wir starteten in beide Rennen schlecht und hatten keinen guten Riecher für den Wind. Zweimal kamen wir an der ersten Tonne quasi als Letzte an, konnten uns aber jeweils noch um einige Plätze nach vorne kämpfen. An einem Tag wie diesem, an dem einem schlicht kein gutes Rennen gelingt, hadert man sehr mit sich selbst und seinen Qualitäten. Doch wir bauten uns gemeinsam als Team wieder auf und waren motiviert, am vielleicht letzten Tag um jeden Meter zu kämpfen. Ein Einzug ins Medal Race würde von Platz 20 nach 4 Tagen aus vermutlich schwierig werde, aber wir haben uns das Ziel gesetzt, nochmal unsere beste Performance abzurufen und zu zeigen, dass wir auch in den schwierigen und unvorhersehbaren Bedingungen von Cannes mit der Weltspitze mithalten können. Nach drei Rennen, in denen das Feld nochmal ziemlich durchgewürfelt wurde und jeder (mit Ausnahme von Portugal 21) im Goldfleet nochmal ein schlechtes Rennen fuhr, konnten wir mit zwei Top-Ten Platzierungen nochmal einige Plätze im Gesamtklassement gut machen und die Regatta als 12. Gesamt, 10. in der Europäischen Wertung und 2. Deutsches Team abschließen. Doch was bedeutet unser Abschneiden bei der EM nun für die Olympia-Qualifikation? Fünf Deutsche Teams auf Weltklasse-Niveau, darunter Weltmeister und Vize-Europameister, kämpften seit Februar um das Olympiaticket. Nach den ersten beiden Qualifikationsregatten WM und Trofeo Princesa Sofia lagen wir auf Platz 3 der internen Ausscheidung. Leider konnten wir mit der EM den Vorsprung auf die führenden Teams Diesch/Markfort und Winkel/Winkel nicht mehr einholen und so haben wir die Olympiaausscheidung auch auf dem insgesamt dritten Platz abgeschlossen. Und wer fährt jetzt zu den Olympischen Spielen? Nun, diese Entscheidung hätte spannender und nervenaufreibender kaum sein können. Denn es hatte sich an diesem vorletzten Tag noch nicht entschieden, welches Boot final die Qualifikation gewonnen hatte. Vor der Regatta lag das Team Diesch/Markfort 5 Punkte vor dem Team Winkel/Winkel. Während Diesch/Markfort als 13. bei der Europameisterschaft nicht mehr an dem Medal Race teilnehmen konnten und somit keinen Einfluss auf ihre Gesamtplatzierung mehr hatten, hatte das Team Winkel/Winkel als 10. mit der Qualifikation zum Medal Race noch eine realistische Chance, seine Platzierung auf den 8. Platz zu verbessern und damit im allerletzten Rennen die Ausscheidung zu seinen Gunsten zu drehen. Vor Beginn der Ausscheidung im Februar wurde von vielen schon gemutmaßt, dass die finale Entscheidung erst im Medal Race bei der letzten Regatta fallen würde und genauso trat es nun ein. Die 24 Stunden zwischen dem letzten Fleet Race und dem Medal Race waren für alle Involvierten extrem emotional und von Spannung geprägt. Am Ende entschied sich die Ausscheidung auf den allerletzten Metern des Ziel-Halbwinds zugunsten des Teams Diesch/Markfort. Deren Freude war natürlich groß, wohingegen die Enttäuschung bei dem so knapp geschlagenen Team Winkel/Winkel enorm war. Auch wir fieberten die gesamte Zeit mit und waren gefangen zwischen Freude für das eine Team aber auch der Enttäuschung des anderen Teams. Wir gratulieren allen Teams zu ihren Ergebnissen und wünschen Team Diesch/Markfort viel Spaß und Erfolg bei den Olympischen Spielen 2024 in Marseille Anfang August. Auch wenn wir also das Olympische Ticket dieses Jahr nicht lösen konnten, sind wir doch insgesamt sehr zufrieden mit unseren Fortschritten und Ergebnissen als Team, insbesondere dieses Jahr. Nachdem wir Ende 2021 als jüngstes und unerfahrenstes Team der deutschen 470er Olympia-Aspiranten in diesen Olympiazyklus gestartet sind, sind wir stolz, diese Ausscheidung als 3. von 5 Teams abschließen zu können. Wir haben in diesem Jahr gezeigt, dass wir konkurrenzfähig mit den Top 15. der Welt sind und Potential für mehr haben. Das letzte halbe Jahre war eine großartige Erfahrung, die mit viel Freude aber auch ein hohen Maß an Anspannung verbunden war. Aufgrund dessen werden wir nun erstmal eine kurze Auszeit vom 470er Segeln nehmen. Während Christo vermutlich alle näheren Berge in Oberbayern besteigen wird, stehen bei Thesi erstmal Prüfungen in der Uni an. Wie es danach weitergehen soll, werden wir dann in Ruhe und mit etwas Abstand zu der jetzigen Olympiaqualifikation entscheiden. Jetzt wünschen wir Euch eine schöne Segelsaison und hoffen, euch bald persönlich zu sehen. Beste Grüße Thesi und Christo

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